Auf der Suche nach einer Definition für den jeweils eigenen Heimatbegriff kommt man in einer Stadt wie Weißenfels, die noch heute in besonderem Maße vom Strukturwandel der Nachwendejahre beeinflusst ist, nicht um eine Auseinandersetzung mit der persönlichen DDR-Historie herum. Mit der Wende und dem wirtschaftlichen Zerfall des Industriestandorts verlor die Stadt sozusagen auch ihre eigene Wir-Identität als "Schuhstadt Weißenfels". Auch hier wollen wir mit unserer Projektidee ansetzen. Der gefühlte Identitätsverlust kann und soll zumindest bei den Teilnehmer:innen des Projekts über die Schaffung neuer Orte und die künstlerische Unterstreichung des Bestehenden auch neue Räume zur Re-Identifikation mit ihrer Stadt kreieren.

 

Zentrum dieser Aktivität soll die Saalebrücke sein. Diese verbindet als Hauptverkehrsachse die Weißenfelser Neustadt mit dem Rest der Stadt. Im Rahmen eines Ferienworkshops werden mit Kindern Objekte und Installationen gebaut und geschweißt, die an der Brücke, ihren Aufgängen und Geländern installiert werden können.

 

Zum Abschluss des Workshops erfolgt nach dieser Umgestaltung der Brücke eine "feierliche Wiedereröffnung", die mit einer halboffiziellen Umbenennung der Brücke einhergeht. Aus der Saalebrücke wird plakativ die "Brücke der Völkerfreundschaft".

Im Rahmen des Workshops kann den Kindern und Jugendlichen die Bedeutung der Geschichte der Stadt während der DDR-Zeit nahegebracht werden. Bei älteren Weißenfelser:innen weckt der Terminus ebenfalls Erinnerungen an die Zeit vor 1989 und kann zum aktiven Diskurs über Herkunft und Identität im hier und jetzt beitragen. Mit der "Brücke der Völkerfreundschaft" ermöglichen wir den Blick zurück und gleichermaßen die Frage ins hier und jetzt. Die Erinnerung an die eigene DDR-Identität: Völkerfreundschaft wurde hier in beinahe jeder Stadt auf Straßen- oder Brückennamen fast schon inflationär groß geschrieben. Das Ankommen im Weißenfels von heute: Die Neustadt wird zu großen Teil von Menschen unterschiedlicher Herkunftssituationen bewohnt. Hier leben also im wahrsten Sinne des Wortes Menschen vieler Völker, mit denen man Freundschaft schließen kann. Wer an dieser Stelle Zynismus unterstellen will, dem sei gesagt: Die geplante Umbenennung ist bewusst initiiert: Schließlich bleibt bei allem noch immer eine Brücke, ein Medium das Grenzen überwindet und Orte verbindet. Warum nicht auch Menschen aus unterschiedlichen Orten?